Josefa Menendez
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Arme Seele: Die alte vernarbte Frau im Fegefeuer

Es war an einem Montag, während der Anbetung in der Kirche St. Rufus, als ich die erste Arme Seele mit Leib sah. Diese alte Frau schien mir sehr gequält. Sie hielt mir den Rosenkranz hin und nickte dabei. Ihr Gesicht war übersät mit Narben. Ein menschliches Wesen würde mit diesem Narbengesicht nicht unter die Leute gehen. Ich wusste sofort, dass es eine Arme Seele war. Ich versprach ihr, die heilige Kommunion aufzuopfern und für sie zu beten, vor allem den Rosenkranz. Als ich zur Kommunion ging, schaute ich noch einmal zu ihr hin, da lächelte sie. Nachdem ich von dem Empfang zurückkam, war sie verschwunden. Es war jedoch unmöglich, in dieser kurzen Zeit die Kirche zu verlassen.

Bei der Kommunion gingen in dieser Kirche noch keine Leute hinaus, sie blieben bis zum Schluss. Eine Frau, die ganz hinten am Weihwasserkessel stand, fragte ich, ob eine alte Frau mit Narben im Gesicht die Kirche verlassen habe? Diese sagte: „Nein, ich habe die ganze Zeit hier hinten gestanden. Es ist niemand hinausgegangen.“ Im Jahre 1999 bekam ich die Erklärung. Ich hörte im Inneren ganz deutlich die Worte:

„Ich war die Arme Seele, die um deine Hilfe bat, ich, deine Mutter.“

Ich war sehr gerührt, es war meine leibliche Mutter! Schon einmal hatte sie in meinem Innern gesprochen, als meine Tante, ihre Schwägerin, starb. Sie sagte bei der Beerdigung folgende Worte:
„Wir sind alle in dieser heiligen Messe, alle Verstorbenen: auch deine Oma, dein Opa, dein Vater und ich. Wenn es Verwandte sind, dürfen wir kommen.“
Meine Mutter hatte also mein Gebet gebraucht, aber ich wusste damals ja noch nicht, dass sie es war, die mich darum gebeten hatte! Gott sei Dank hatte ich es viel für diese arme Seele mit dem Narbengesicht getan!

Doch ich kannte nicht viele Gebete für Verstorbene, nur das: „Aus der Tiefe rufe ich zu Dir ...“ oder „Lieber Heiland, sei so gut ...“. Da rief ich meinen Seelenführer an und fragte ihn, was ich sonst noch beten könne oder ob ich andere Opfer bringen dürfe, zum Beispiel weniger trinken usw. Ich fragte, ob er mir das erlauben würde. Doch er riet ab, man würde damit die Gesundheit gefährden. Ich wollte jedoch helfen und flehte weiter. Ich sagte, dass es mir ganz ernst wäre, da gab er nach.

So nahm ich montags nur ganz wenig zum Trinken zu mir, etwa zweieinhalb Tassen über den ganzen Tag verteilt. Ich sage es nur deshalb, weil ich weiß, dass man durch jede Art Verzicht viel für die Armen Seelen tun kann. Nie wurde so wenig für diese gebetet wie in dieser unserer Zeit des großen Glaubensabfalls.
Es ist gut und heilsam, für Verstorbene zu beten, denn ihr Dank ist uns ganz sicher! Sie beten für uns, damit wir die Gnade erhalten, im Glaubensleben durchzuhalten, nicht zu resignieren. Wenn dann der Gebende stirbt, dann beten diese nach ihrer Erlösung auch vom Himmel aus für ihn, denn die Armen Seelen sind unsagbar dankbare Seelen!

Nach dem Gespräch mit dem Seelenführer sah ich im Flur ein Bild mit dem dornengekrönten Heiland, das vor mir herschwebte. Es war ein Portrait, das ich kannte, und es gehörte ein Gebet dazu. Ich lief hinterher und wollte es mit meinen Händen fangen, doch das ging nicht. Ich war nicht flink genug, es entwischte immer. Das kleine Gebet betete ich sofort und dann täglich immer mehr. Es geht so:

Ewiger Vater, durch das Unbefleckte Herz Mariens opfere ich Dir Jesus, Deinen vielgeliebten Sohn, auf. Durch Sein bitteres Leiden, Sein kostbares Blut und Seinen Tod am Kreuz bitte ich: Bekehre die Sünder, rette die Sterbenden, erlöse die Armen Seelen aus dem Fegfeuer, heilige die Priester, die Ordensleute und die Familien. Darum bitten wir Dich durch unseren Herrn Jesus Christus, der mit Dir lebt und herrscht in der Einheit des Heiligen Geistes jetzt und in alle Ewigkeit. Amen.

An dieser Stelle möchte ich alle Leserinnen und Leser anflehen: Betet, o betet doch für die Armen Seelen, ihr müsst es tun! Ach, könntet ihr nur einmal sehen, wie sie betteln. Ja, es sind wirklich Bettler. Sie möchten heraus aus dem Fegefeuer, denn sie haben Gott schon geschaut und haben deshalb nur den einen Wunsch: „Näher, mein Gott zu Dir, näher zu dir.“ Es ist zu vergleichen mit einem ständigen Heimweh, ja, sie haben ein unvorstellbares Heimweh nach Gott.

Sie können nicht mit mir sprechen, da ich keine Macht über sie habe, aber oft geht ihr Mund auf und zu, das heißt: „Bete doch für uns.“ Das kann Stunden so gehen. Sie erzeugen auch viele Geräusche mit der Absicht, sich bemerkbar zu machen. Alle Zeichen und Gesten haben letztlich nur ein Ziel: Es sind Bitten um Gebet, Opfer, Sühne, damit sie bald zur Anschauung Gottes gelangen dürfen. Um die Aufmerksamkeit auf ihre Not zu lenken, fällt ihnen vieles ein. So machen sie zum Beispiel Lichtzeichen in der Küche an der Neonröhre, um mich daran zu erinnern, Weihwasser zu sprengen. Gebe ich ihnen dann sogleich das Weihwasser, dann hören die Lichtzeichen auf. Es ist für sie auch ein großer Trost, wenn ich segne. In der Zeit, da ich den Segen gebe, brauchen diese nicht zu leiden, denn durch das Kreuzzeichen kommt Trost, und es lindert ihre Leiden.

Aus: gisela-maria.de