Wegen des neuen Einbürgerungsgesetzes: Experten warnen vor Ämter-Überlastung

Im Jahr 2022 gab es in Deutschland 168 545 Einbürgerungen – Tendenz steigend

Im Jahr 2022 gab es in Deutschland 168 545 Einbürgerungen – Tendenz steigend

Foto: picture alliance / Laci Perenyi

Seit Jahren wird der deutsche Pass immer beliebter bei Einwanderern. Jetzt rechnen Experten mit einem regelrechten Boom bei Einbürgerungen – mit weitreichenden Folgen.

Der Grund: Die Ampel-Koalition hat im Januar ein vereinfachtes Einbürgerungs-Recht beschlossen, das am 26. Juni in Kraft tritt. Einwanderer können dann schon nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland eingebürgert werden, in Einzelfällen bereits nach drei Jahren. Bisher war dies erst nach acht Jahren möglich.

Und: Die doppelte Staatsangehörigkeit wird ausdrücklich für ALLE ermöglicht. Neu-Deutsche können sich unseren Pass zusätzlich zur eigentlichen Staatsbürgerschaft holen.

„Wir haben in den vergangenen Jahren schon deutliche Steigerungen von Einbürgerungen gehabt“, sagt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (67, CSU) zu BILD. Wegen der gelockerten Regeln geht er von einer deutlichen Steigerung der Anträge aus.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU)

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU)

Foto: Harald Tittel/dpa

Tatsächlich weist das Statistische Bundesamt 168 545 Einbürgerungen für das Jahr 2022 aus. 2021 waren es noch 131 595 Einbürgerungen, 107 317 waren es 2015.

Auch Hans-Günter Henneke (66), Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistags, geht von einem spürbaren Anstieg bei den Anträgen aus. „Wir rechnen an dieser Stelle insbesondere mit Einbürgerungen von Personen, die seit 2015/2016 nach Deutschland gekommen sind.“ Schon jetzt stellten vermehrt syrische Flüchtlinge einen Antrag.

Henneke rechnet mit deutlich längeren Bearbeitungszeiten in den Ausländerbehörden der Kommunen „Das muss allen Beteiligten von Anfang an klargemacht werden“, betont er.

Die Kommunen stoßen hauptsächlich personell an ihre Kapazitätsgrenzen. „Zahlreiche Ausländerbehörden in Deutschland haben einen Mehrbedarf an Stellen angemeldet“, sagt Andreas Hemsing, Bundesvorsitzender der Kommunal-Gewerkschaft komba. Die Bundesregierung habe nicht vorhersagen können, wie viele Einwanderer zusätzlich einen Antrag auf Einbürgerung stellen werden.

Nach vergleichbaren Erfahrungen in den Niederlanden rechne er aber mit einer Erhöhung der Anträge um das 2,3-fache. „Das Personal in den Einbürgerungsbehörden müsste daher verdoppelt werden!“

Die Arbeitsbelastung in den Ausländerämtern sei jetzt schon „extrem hoch“ und ein „Hamsterrad für die Beschäftigten“. Die Bearbeitungszeit der Behörden liege durchschnittlich zwischen drei Monaten im Landkreis Vechta (Niedersachsen) und einem Jahr in Duisburg (NRW) – bis zum ersten Vorsprechtermin im Ausländeramt.

Schon jetzt kommt es vor den Ausländerbehörden (wie hier in München) zu langen Warteschlangen

Schon jetzt kommt es vor den Ausländerbehörden (wie hier in München) zu langen Warteschlangen

Foto: picture alliance / SZ Photo

Die Stadt Hannover sucht derzeit 33 neue Mitarbeiter für die Ausländerbehörde und will ihr Personal von 15 auf 48 Mitarbeiter mehr als verdreifachen. In Bayern hat das Kreisverwaltungsreferat in München 20 neue Stellen ausgeschrieben. In Sachsen-Anhalt wurden in Halle (Saale) seit 2023 fünf Stellen in der Abteilung Standesamt und Staatsangehörigkeitswesen geschaffen.

Ein Ende der Fahnenstange ist wahrscheinlich längst nicht erreicht. komba-Chef Hemsing: „Seit 2005 hat es über 100 gesetzliche Änderungen im Asylrecht gegeben.“ Das bedeute jedes Mal technische Änderungen bei den Computerprogrammen – und zusätzliche Schulungen für die Mitarbeiter.

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